In einer aktuellen Entscheidung vom 10. Dezember 2015 entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main über die Wirksamkeit einer Einwilligung in die Cookie-Nutzung. In dem konkreten Fall erfolgte die Einwilligung durch eine vorformulierte Erklärung, welcher der Nutzer durch Entfernen eines bereits voreingestellten Häkchens widersprechen konnte. Das Oberlandesgericht bejahte nicht nur die Zulässigkeit einer solchen Opt-Out-Lösung, sondern hielt im konkreten Fall auch die über einen Link abrufbaren Informationen für ausreichend (OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 10.12.2015, Az.: 2-6 O 30/14).
Rechtlicher Hintergrund
Cookies bieten den Betreibern von Websites eine Vielzahl von Möglichkeiten – angefangen von der Speicherung eines Warenkorbs bis hin zur Erstellung von Nutzungsprofilen. Um den damit verbundenen Gefahren für Nutzer zu begegnen, erließ der Europäische Gesetzgeber 2009 die sogenannte „Cookie”-Richtlinie 2009/136/EG, welche für das Setzen von Cookies eine Einwilligung des Nutzers verlangt. Obwohl die Richtlinie auch der Vereinheitlichung der europäischen Regelung diente, fiel die Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten, welche bis zum 25. Mai 2011 erfolgen sollte, höchst unterschiedlich aus: Viele Länder implementierten die Vorschriften ausdrücklich in nationales Recht und gingen dabei zum Teil über den Wortlaut der Richtlinie hinaus. In Deutschland hingegen hielt man eine Gesetzesänderung nicht für notwendig, da das TMG die Anforderungen hinreichend widerspiegele. Die deutschen Datenschutzbehörden teilen diese Ansicht hingegen nicht und haben die Bundesregierung zuletzt im Januar 2015 zur Umsetzung der Richtlinie aufgefordert (vgl. auch Blogbeitrag vom 3. September 2015). Mit der vorliegenden Entscheidung vom Dezember 2015 äußert sich nun das Oberlandesgerichts Frankfurt am Main zu den rechtlichen Anforderungen an die Nutzung von Cookies.
Die Entscheidung
Gegenstand des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt ist die Klage eines Verbraucherschutzverbandes gegen den Betreiber einer Internetseite für Gewinnspiele. Auf dieser Internetseite befand sich eine Einwilligungserklärung zur Nutzung von Cookies, bei welcher das vorangestellte Ankreuzfeld zur Einwilligung in die Cookie-Nutzung bereits vorausgewählt war. Zudem beinhaltete die Erklärung einen Link, welcher den Nutzer zu weiterführenden Informationen über Cookies führte. Der Verband bemängelte nicht nur die Voreinstellung des Häkchens für unzulässig, sondern beanstandete auch die Art und Weise sowie den Inhalt der Information des Nutzers. Das Landgericht Frankfurt am Main gab der Klage in erster Instanz weitestgehend statt, da die Einwilligungserklärung der AGB-Prüfung gem. § 307 BGB nicht standhalte.
Auf die Berufung der Beklagten weist das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Klage des Verbraucherverbands ab. Zunächst stehe es der Wirksamkeit der Einwilligung nicht entgegen, dass das Häkchen bereits voreingestellt war und der Nutzer erst durch Entfernen des Häkchens der Nutzung widersprechen konnte (sog. Opt-Out). Denn nach § 15 Abs. 3 TMG darf der Diensteanbieter „für Zwecke der Werbung, der Marktforschung oder zur bedarfsgerechten Gestaltung der Telemedien Nutzungsprofile bei Verwendung von Pseudonymen erstellen, sofern der Nutzer dem nicht widerspricht”. Zudem ergebe sich die Unzulässigkeit der Opt-Out-Lösung auch nicht aus der „Cookie“-Richtlinie. Unabhängig von der Frage, ob diese Vorschrift einer richtlinienkonformen Auslegung überhaupt zugänglich sei, verlange auch Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2009/136/EG nicht zwingend, dass der Nutzer ausdrücklich durch eigenes Setzen des Häkchens einwilligt.
Weiterhin widersprechen das voreingestellte Ankreuzfeld sowie die über den Link abrufbaren Informationen auch nicht den Anforderungen an eine klare, umfassende und verständliche Einwilligung. Zwar hätte der Beklagte die komplexen Zusammenhänge bei der Verwendung von Cookies noch eingehender darstellen können. Beim Umfang der Informationen muss jedoch auch der Bereitschaft des Nutzers zur Auseinandersetzung mit diesen Fragen Rechnung tragen. Die Offenlegung der Identität von Dritten, welche unter Umständen auf Cookies zugreifen, sei in diesem Zusammenhang nicht erforderlich.
Bewertung
Die Zulässigkeit der hier in Rede stehenden Einwilligungserklärung beurteilt das Gericht im Ergebnis zutreffend. Auffällig ist, dass die Frankfurter Richter dabei maßgeblich auf den Begriff des „Opt-Out“ abstellen, während die Richtlinie 2009/136/EG in erster Linie eine wirksame Einwilligung verlangt. Dabei stellt sich die Frage, ob eine nur eine ausdrückliche Einwilligung diese Anforderungen erfüllt, oder die Einwilligung auch durch schlüssiges Verhalten, d.h. konkludent abgegeben werden kann. Die besondere praktische Bedeutung dieser Frage zeigt sich mittlerweile auf fast jeder Internetseite: Besucht man eine Internetseite zum ersten Mal erscheint oft ein Balken mit dem Hinweis, dass Cookies verwendet werden und man durch die weitere Nutzung der Internetseite der Speicherung von Cookies zustimmt. Begleitet wird der Hinweis oft von einem Link zu einer Datenschutzerklärung oder Cookie-Policy. Dieses Vorgehen halten die europäischen Datenschutzbehörden mehrheitlich für zulässig (vgl. die Stellungnahmen der Artikel-29-Datenschutzgruppe und der britischen Datenschutzbehörde ICO). Lediglich einige wenige Mitgliedstaaten wie etwa die Niederlande und Portugal fordern in ihren nationalen Regelungen eine ausdrückliche Einwilligung. Auch wenn das Oberlandesgericht Frankfurt diese Problematik nicht ausdrücklich angesprochen hat, sprechen die Urteilsgründe dafür, dass auch die Frankfurter Richter die häufig anzutreffende Formulierung einer konkludenten Einwilligung für ausreichend erachten.
Praktische Hinweise zum rechtskonformen Einsatz von Cookies finden Sie auch in unserem Aufsatz „Rechtskonformer Einsatz von Cookies“ in der Zeitschrift für Datenschutz 2015, Seite 255.