Von Torsten Volkholz, Otto von Gruben und Maximilian Berenbrok

Nach einem heute beschlossenen Gesetz werden Mieter vor Kündigungen durch Vermieter geschützt, die in vielen Fällen keinen ähnlichen Schutz vor einer Kündigung ihrer Finanzierung erhalten.

Gesetz zur Änderung des deutschen Mietrechts

Angesichts der hoheitlichen Maßnahmen, die als Reaktion auf die Verbreitung von COVID-19 erlassen wurden, werden viele Unternehmen erhebliche Einkommensverluste erleiden. In der Folge werden Mieter möglicherweise nicht in der Lage sein, ihrer Verpflichtung zur Mietzahlung nachzukommen und zugleich nach deutschem Recht keine Möglichkeiten zur Mietminderung oder außerordentlichen Kündigung haben. Lediglich ein Anpassungs- oder Kündigungsrecht aufgrund Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB ist denkbar, dies jedoch stets nur in besonderen Einzelfällen.

Vor diesem Hintergrund schützt der deutsche Gesetzgeber Mieter vor Kündigungen durch ihre Vermieter, die sich auf ausstehende Mieten für die Monate April bis Juni 2020 beziehen. Das Gesetz hat am 25. März 2020 den Bundestag passiert und wurde heute vom Bundesrat gebilligt. Das Gesetz besagt im Wesentlichen das Folgende:

  • Ein Vermieter kann einen Mietvertrag wegen ausstehender Mietzahlungen für den Zeitraum vom 1. April 2020 bis zum 30. Juni 2020 nicht kündigen, wenn die ausstehende Miete auf die COVID-19 Pandemie zurückzuführen ist, was der Mieter glaubhaft machen muss. Das Kündigungsrecht wegen nicht gezahlter Miete während des genannten Dreimonatszeitraums wird bis zum 30. Juni 2022 ausgesetzt. Somit müssen etwaige im April, Mai und/oder Juni 2020 nicht bezahlte Mieten bis spätestens zum 30. Juni 2022 gezahlt werden, um zu vermeiden, dass der Vermieter den Mietvertrag wegen nicht gezahlter Miete in diesen Monaten nach dem 30. Juni 2022 kündigen kann.
  • Die Bundesregierung wird ermächtigt, wenn die Auswirkungen der COVID-19 Pandemie eine solche Maßnahme erfordern, den Zeitraum, für den ausstehende Mietzahlungen den Vermieter nicht zur Kündigung berechtigen, bis zum 30. September 2020 oder, nach vorheriger Zustimmung des Bundestages, sogar über den 30. September 2020 hinaus zu verlängern.
  • Das Gesetz ist zwingendes Recht, d.h. es kann davon nicht einmal in gegenseitigem Einvernehmen zwischen den Parteien abgewichen werden.
  • Zu Gunsten der Vermieter ist die Miete weiterhin fällig, sodass der Mieter ggf. Zinsen auf ausstehende Mietzahlungen leisten muss. Wenn im Mietvertrag kein anderer Verzugszins vereinbart wurde, findet der gesetzliche Verzugszins in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (derzeit -0,88%) Anwendung, wenn Mieter und Vermieter Unternehmer sind. Vor diesem Hintergrund kann es für Mieter wirtschaftlich sinnvoller sein, ihre Mietzahlungen durch Darlehen zu finanzieren (z.B. über das Finanzierungsprogramm der KfW für Unternehmen mit vorübergehenden Finanzierungsschwierigkeit aufgrund der COVID-19 Krise – siehe Legal Update – COVID-19: Immediate Measures to Gain State Aid Financing (KfW Credit et al)) statt Verzugszinsen zahlen zu müssen.
  • Außerdem beschränkt das Gesetz keine Kündigungsrechte der Vermieter, die sich nicht auf ausstehende Mietzahlungen für die Monate April bis Juni 2020 beziehen.

Auswirkungen auf bestehende Darlehensverträge

  • Zu Ungunsten der gewerblichen Vermieter spiegelt das Gesetz nicht das Kündigungsverbot in Bezug auf Finanzierungen wider, die Vermieter für ihre Immobilien abgeschlossen haben. Eine Initiative, die ein ähnliches Moratorium vorsah, um Vermieter als Schuldner gegenüber ihren Gläubigern zu schützen, war nicht für gewerbliche Darlehensnehmer, sondern nur für Verbraucher erfolgreich. Das Gesetz sieht jedoch die Möglichkeit vor, das Schuldenmoratorium für Verbraucher durch Rechtsverordnung auf kleine und mittlere Unternehmen auszudehnen. Im Ergebnis können gewerbliche Vermieter Verzögerungen bei oder den Verlust von Mieteinnahmen erleiden, während sie ihre Schulden weiter bedienen müssen.
  • Solange Vermieter/Darlehensnehmer nicht über andere Vermögenswerte zur Aufrechterhaltung des Schuldendienstes verfügen, ist ihnen anzuraten, sich so früh wie möglich an ihre Gläubiger zu wenden.
  • Es kann Situationen geben, in denen der Darlehensvertrag neben der Pflicht zum Kapitaldienst auch dazu verpflichtet
    1. den Darlehensgebern in bestimmten Abständen aktualisierte Informationen zu übermitteln oder sie über andere Umstände zu informieren, die einen wesentlichen und/oder negativen Einfluss auf die Position des Darlehensnehmers oder der Darlehensgeber haben und/oder
    2. (überschüssiges) Cash zu thesaurieren, also nicht auszuschütten (Cash Trap); Überschüssiges Cash ist die Differenz zwischen den (erhaltenen) Mieteinnahmen nach Zahlung der betrieblichen und anderen vereinbarten Ausgaben, die dann thesauriert und als Sicherheit für die Kreditgeber verpfändet sind.
  • Während im Falle eines Zahlungsverzuges die sofortige Fälligkeitsstellung des Darlehens droht und daher ein Verzicht (Waiver) des/der Darlehensgeber(s) erforderlich ist, sollten im Falle anderer Kündigungsgründe Möglichkeiten, den Verzug zu heilen, umfassend genutzt werden. Ist dies nicht oder nicht vollständig möglich, so muss in diesen Fällen ebenfalls ein Waiver von den Darlehensgebern eingeholt werden.
  • Mietrückstände oder -ausfälle werden sich auf vereinbarte Finanzkennzahlen (Financial Covenants), wie Zinsdeckungsgrad (ICR – Interest Cover Ratio), Schuldendienstdeckungsgrad (DSCR – Debt Service Cover Ratio) oder auf den Verschuldensgrad/Einkünfte (DY – Debt Yield) auswirken. Sollte die Situation anhalten oder sich verschlechtern, würde eine Abwertung der Immobilie zudem zu einem Verstoß gegen den häufig ebenfalls vereinbarten Verschuldensgrad/Objektwert (LTV – Loan to Value) führen.
  • Ein sich daran anschließender Cash Trap kann sich wiederum unmittelbar auf die tatsächliche Verwaltung der Immobilien auswirken, da in diesem Falle Zahlungen an Asset- und Property-Manager sehr häufig nicht mehr oder nur noch in stark gekürztem Umfang zulässig sind.
  • Wenn sich ein Mieter an seinen Vermieter wendet, um eine Vereinbarung zur Reduzierung der Miete über das oben beschriebene, gesetzliche Mietmoratorium hinaus zu vereinbaren, müssen bestimmte Zustimmungsrechte der Darlehensgeber beachtet werden. Darüber hinaus wird die Mietforderung höchstwahrscheinlich den Darlehensgebern oder dem Sicherheitsagenten zur Sicherheit abgetreten worden sein, was in diesem Fall zusätzliche Zustimmungen erforderlich macht, da dem Vermieter die ihm von seinem Mieter geschuldete Mietforderung rechtlich gar nicht mehr zusteht.